EDITIONCANARIAS

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AUS MEINEM KANARISCHEN NOTIZBUCH ...


LESEPROBEN |  BILDGESCHICHTEN


Hinter jedem Bild steckt eine kleine Geschichte. Mal mehr, mal weniger aufregend. Auf alle Fälle wäre es schade, sie würde vergessen. Oder  nicht aufgeschrieben werden ... Oder nie veröffentlicht werden ... Hiermit kommt der Fotograf León W. Schönau, auch Publisher von EDITIONCANARIAS, den Wünschen nach. Haben Sie auch kanarische Erlebnisse/Erinnerungen die möglicherweise mit einem Motiv/Medium der Ausgaben von EDITIONCANARIAS Berührung haben? Schreiben Sie mir! Mail to leon@canariasshop.de.


11. AUF EINEN SURREALEN KAFFEE IN LAS PALMAS/GC


PHOTO©BYLEÓNWSCHOENAU
PHOTO©BYLEÓNWSCHOENAU

DORTHIN ZIEHT ES EINEN REGELRECHT, ÜBERQUERT MAN KOFFEINSÜCHTIG DEN SCHÖNEN PLATZ VOM PARQUE SAN TELMO. Erstmal ist von Glück zu sprechen, wenn das Café im Freien unter den Schirmen in Betrieb ist. Lange Zeit verlor ich es regelrecht aus den Augen, weil der schmucke Art-Deco-Pavillon einsam und verlassen und menschenlos herum stand. Menschen eilten, fast achtlos, an ihm vorbei in den nahen unterirdischen Bus-Umsteigeknoten am Platz. Große Beshlüsse des Stadtrates von Las Palmas schworren Wiederbelebung im Sommer 2016. Nun, in diesem Sommer flanierte ich anderswo ... Und so habe die Hoffung, dass ...

Denn Ort, Lage und Baujuwel sind es Wert, in Ruhe koffiniert oder entkoffiniert genossen zu werden. Der weitläufige Platz, palmen - und gumminebaumbestückt, eignet sich eigentlich nicht zum Eilen, sondern mehr zum Verweilen. Der Platz ist kontemplativ per se! Dazu zählt außer dem ornamentalen Jugendtsilschmuckstück als Kaffequelle die kleine spätbarocke Ermita de San Telmo   (den Seeleuten und Fischern gewidmet) und ein ebenfalls durch seine filigranen Gestaltungselemente bezaubernder kleiner Musikpavillon. León W. Schoenau


10. WASSER WAR LEBEN ...


©LeónWSchoenau
©LeónWSchoenau

Aber wo ist es jetzt? Gerade war es doch noch da. Ein Glück für den Wanderer, der die nun urplötzliche Weite dank Ebbe genießt. Und was für eine Weite! Der Horizont als feine Linie in den Himmel gezogen. Das Schwemmland hier unter den Füßen in einem Ocker, das sämtliche Schokoladen- und Kakaopulverträume in dir aufwirbeln lässt. Fast staubt es vor Augen. Obwohl die Meeresfeuchte noch eingeatmet werden kann. Kleine Kanäle und Rinnsale durchziehen die weite Sandplatte. Im Vordergrund das einzige und erstarrte Tier dieser Verlassenheitsszene hier. Eben noch schwamm es ohne Ziel. Wollte irgendwie noch nützlich sein, seit seiner Entwurzelung aus irgendeinem nahen oder fernen Strandwald. Jetzt zeigt es mir hilfreich den Weg nach Norden an: Da lang solltest du gehen. Denn falls die dunkelbraunen Feuchtstellen unter deinen Füßen trocknen, wird schon wieder unmerklich viel Zeit vergangen sein. Und die nächste Flut wartet nicht auf dein ausgetrocknetes Zeitgefühl, Wanderer. Die Sonne im Rücken, sie brennt sich UV-stark und Infrarot durch dich durch und trifft die Millionen Sandkörner ebenso intensiv und rollt die hellbraunen Flecken aus. Ferne Hügel an der Horizontnahtstelle deuten in ihrem Dunkelblau die erholsamen Wolkenschatten an, gleichzeitig festes Land unter den Füßen ... Das linke Felsmassiv, greifbar näher als alles andere, auf alle Fälle höher als ein auf dich bald zurollender Meeresspiegel ...

Text & Photo by León W. Schoenau  (Fuerteventura 2015).


9. LANDEBAHNEN - FÜR WEN?


Natürlich lenkt der flüchtige Blick in die falsche Richtung ... Aber für die Außerirdischen, falls sie irdisches Glück auf  dieser Kanareninsel "der Glückseligen" suchen sollten, wäre es doch eine Verlockung, die Landeoperationen zu beginnen. Schließlich reflektieren "diese Bahnen" bis weit hinein ins Weltall -  bei klarem Himmel und wenn die Sonne ihre Reflexe ausstreut - was auf der Erde so alles möglich ist an "Landmarkierungen". Aber niemand von den "da oben" wird hier seine Bremstriebwerke zünden und landen. Die Erdlinge, in diesem Fall  Einheimische und Gäste der Insel, sind gut bis leidlich informiert, dass es sich um natürlich nur um simple Bananenverpackungen handelt. Solche, die wir beim Biß in die krumme Frucht nicht mehr wahrnehmen, die aber viel dazu beitragen, dass " alles  Banane" beim Aufwachsen der kanarischen süßen Gelben bleibt. Die Teile, die in den verpackten Plantagen da unten am Atlantikufer vor sich hinreifen, wären weniger ansehenswert, würden eventuell nicht den gewünschten Wohlgeschmack entwickelt, geschweige denn die Ernten bringen, wie sie sich die Platañeros zum Wohle ihrer Einkünfte wünschen ... Obwohl auch auf den Inseln viel über "Bio" diskutiert wird, bleibt diese galaktisch verpackte Massenproduktion innerhalb hochgezogener Mauern und straff gespannter Plastikfolien offensichtlich der immer noch häufig gewählt Weg einer Konsumgesellschaft, die weiter nur alles haben will - aber bitte nur zum geringstmöglichen Preis ... Manchmal möchte man deshalb wohl doch die Außerirdischen rufen ... Text & Photo: © by León W. Schoenau (La Palma 2014)

©LeónWschoenau
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8. RELIGIOSITÄT & CANARIEDAD


Photo © by León W. Schönau
Photo © by León W. Schönau

Kirchen auf den Kanaren sind ein besonderes Kultur- und Glaubenskapitel. Die katholischen Traditionen sind noch fester verwurzelt und werden noch leidenschaftlicher zelebriert als auf der Peninsula. Das machen der Inselcharakter, die peripheren Gefühle, wohl auch die Lage der Inseln, umgeben und im direkten Einfluss von Himmel und Meer. So kommt es, das sich für den ausländischen Betrachter der Kirchenszene hier eine Mischung von Erstaunen und besonderer Wahrnehmung ergibt, fernab mittel- oder nordeuropäischer religiöser Abgeklärtheit. Dann sind aber auch nicht nur die vielen Fiestas, Bajadas und weitere zutiefst glaubenssorientierte Ereignisse, die wiederum ihre weltliche Ausrichtung für viele und alle ganz ungeniert um sich herum verbreiten. Kirche, Geschichte, Feste, Kirchenarchitektur ... das alles sind Teile der insulären Identitäten, sie nähren und sie tragen sie. Die für Außenstehende manchmal so schwer zu verstehende „Canariedad“, das „Kanarischsein,“ ist ein wichtiger emotionaler Ankerpunkt für viele hier lebenden Menschen, oftmals auch ganz ohne den Anspruch diese detailreich für einen abgeklärten Mitteleuropäer erklären zu können. Es reicht doch, wenn man Canaria oder Canario ist, stolz auf ihre/seine Insel ist und sich, trotz Sorgen und Problemen im Arbeitsleben, im oftmals unsicheren Job, am Kanarischsein als etwas Besonderem, Einmaligen orientiert – und Glauben und Kraft daraus schöpft. Als ich bei einer Teneriffawanderung im Westen der geschäftigen Tourismusinsel, auf abgelegenem Wanderpfad plötzlich dieses Kirchlein mit seiner zum Meer weit geöffneten Tür wahrnahm, kam mir das alles in den Sinn. Drinnen, im Hitzekontrast zum sonnigheißen Nachmittag draußen, umfing mich kühlendes Blau und andächtige Stille, deren grundton allerdings vom Meeresrauschen getragen war. Kein Mensch weit und breit. Ich wandte meinen Blick von innen nach außen und begriff auf einmal  die "katholische Canaridad“ – ansatzweise ... Eine reine Privaterkenntnis, die andere nicht unbedingt teilen müssen. Jedoch für mich in diesen Minuten auf der knarrenden hölzernen Kirchenbank mit nichts weiter als einer schlanken Palme und dem nahen blauschimmernden Atlantik im Mittelpunkt - eine Ahnung, dass es auf den Kanaren wohl eine bessere elementare Verbindung zwischen Erde und Himmel geben müsste, als meine protestantische Herkunft sich das je träumen ließ. Text: León W. Schönau (Teneriffa 2013)


7. WASSER IST LEBEN (IN ENGLISH)


©LeónWSchoenau
©LeónWSchoenau

Water is life. So that it revives, it must flow. From a spring which we do not see, to a faucet which we turn on confidently. Water is trust. It is not with us, yet, in our water glass. Water pipes are a mystery. We do not see the water flowing. But we can hear it. Before the thirst: listen first. How nicely it rushes… How long will it still run, the water, in the pipes? So long as the pipes connect source to tap – understood by people as the ALPHA AND OMEGA of life. The last drop will drop, soon… So let´s be cheery, for that, for us, the water of life is still rushing…Text & photo © by León W. Schoenau (La Palma 2012)


6. GRÜN UND GELB, SONNE UND SCHATTEN


©LeónWSchoenau
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RINCONES CANARIAS/14

 GRÜN UND GELB, SONNE UND SCHATTEN

 

Ja es stimmt. Aus der Sicht der Canarios gibt es nichts Normaleres als Sonne und Schatten. Und Grün und Gelb, als zwei typische „benachbarte“ Farben sowieso ... Auch in den Werbeprospekten werden diese suggestiven Kontraste ausgeschöpft, allerdings mehr via Kopfbedeckung und farblich überhöhten Fotos von typischen kanarischen Gerichten. Für den aufmerksamen Beobachter aus Lust und Leidenschaft, den observador detallista, me dio par allí, sollte er noch Ausländer sein, ist jeder kanarische Kontrast ein kleiner Hingucker selbst. Fotowürdig, wie in diesem Fall, wenn auch nicht sonderlich sensationell. Die Nachmittagsstimmung macht´s einfach! Hinzu tritt als belebendes Nachmittagselement die Hausnummer „40“. Sie selbst ist so montiert, dass jeder sofort die Bescheidenheit der hinter der grünen Tür Lebenden ahnt. Ebenfalls típico an der geteilten Grüntür: Der Türgriff, nicht etwa eine Klinke. Er reicht aus, um zu öffnen (falls der Schlüssel in das Miniaturschlüsselloch darunter passt).Der wunderbare Zaunschatten bringt ja auch nichts Pompöses an die Hauswand. Im Gegenteil, man hat das Geflecht wohl auf dem nahen Baumarkt erstanden. Immerhin finden das die Rankepflanzen ganz einladend und schattieren sich, künstlerisch ausgewogen, von rechts und links nach oben. Der Betrachter versinkt ins Bild. Keiner stört das Ganze. Es ist noch siesta, jene gloriose Erfindung , die wir bedingungslos dem gelernten Mediterran zuordnen und leidenschaftlich, auch hier, verehren. Wohl weil wir sie selbst wenig verinnerlicht haben, um sie ausgiebig pflegen zu können. Sonne-und-Schatten-Gucken, sí, das können wir bekennenden Liebhaber der Kanaren, amantes declarandos en favor de Canarias, mindestens hundertmal am Tag ...

Text und Foto © by León W.Schoenau (Teneriffa 2015)


5. DIE WEISSE WOLKE VON TABLADO


© LeónWSchoenau
© LeónWSchoenau

WEISSE WOLKE VON TABLADO

 

Du weiße Wolke von El Tablado ... Strahlst mich an und lockst mich übers Wasser? Weißt wohl, wie mich dein Spiegelbild verzückt, auf dass ich ohne Weiteres wegen dir dort draußen im aufgehellten Blau singend untergehen würde ...? Mein Fuß bleibt jedoch landnah und strebt dem nahen caserio, dem Weiler, El Tablado, zu, wohl ahnend, dass sich hier bald ein wunderbarer, weil bewohnbarer Aussichtspunkt der Erde vor mir auftut. Flieg nicht weg, ich schaue ja die ganze Zeit nur zu dir ...

Text + Photo by León W. Schoenau (La Palma, 2013)


4. THE GREEN CANARIAN JEEP


SANTANABANANA

 

Ein Santana vor mir und eine Dieselrußwolke dazwischen ... So stellen sich meine eindrücklichsten Straßenerlebnisse auf den kanarischen carreteras, durchaus etwas abgelegenere, dar. Dieser hier tuckerte mit einer Ladung Bananen seit längerem im palmerischen Nordwesten vor mir her. An Überholen war nicht zu denken. Sämtliche Landwirte hatten heute hier oben im Bergland die Serpentinen für sich belegt, um dringende Geschäftsfahrten zu erledigen: Die Milch wird sonst sauer, die Bananen verlieren die Frühreife, das Viehzeug verhungert sonst, das Heu muss in die Scheune ... Und ich muss vor allem hier aus den Dieselabgaswolken raus. Reiße, bei der nächsten möglichen Abfahrt links, den Lenker rum und rumpele mit meinem flach gelegten Billigmietmobil eine schmale, aber gut asphaltierte Zubringerstraße zum Friedhof des Ortes hinunter. Tiefe Stille umfängt das Land auf einmal. Klare reine Luft erfrischt den santanavernebelten Geist. Ich parke ein und will ein Weilchen in mich gehen. Aber vor mir steht schon wieder einer: Ein Santanabanana. Der Packesel für Bananenenstauden, die los plátaneros heißen. Parkt und schläft. Ohne den trabajador de plátanero, dem Bananenarbeiter. Der ist wohl traurigen Herzens auf den nahen Friedhof gegangen. Wer weiß, was er zu betrauern hat. Ich aber nutze die Friedhofsruhe, um dem Geheimnis dieses urwüchsigen Zugpferdes aller spanischen Landwirte näher zu kommen. Und mir fällt ein, wie ich bereits als Junge diese brüllenden, stampfenden, dschunkenmäßigen Jeeps bewundert. Endlos Kraft! Das war auch mein Thema damals! Denn damals, das war 1955, wurde der magische Name „Santana“ aus der Abkürzung der wenig poetisch klingenden Landwirtschaftsmaschinenfabrik „Metalúrgica de Santa Ana“ in Linares, in der Provinz Jaén, Andalusien, geboren. Die Lizenz von Land Rover kam wie gerufen und schon wenige Jahre danach war die Marke „Santana“ und ihre Modelle Lieblingsworte aller Landwirte Viehzüchter innerhalb und außerhalb Spaniens. Klang ja auch ... echt temperamentvoll. Und hatte durchaus noch etwas Satanisches ... die Unberechenbarkeit der bösen Kraft, die im entscheidenden Moment zur Stelle ist. Das grüne Bananenschiff vor mir musste also noch vor 1983 gebaut sein, denn danach wurde die Kooperation mit Land Rover beendet. Die Vierradantriebler erschienen fortan unter der alleinigen Marke Santana. Solche Grünen, wie der hier vor mir, fuhren nach meiner Erinnerung in den 80er Jahre auch die damals gefürchteten Polizisten der Guardia Civil. Rundum geschlossen natürlich und wie kleine Mannschaftswagen gebaut. Alles in allem jedenfalls unverwüstlich und noch heute bereit zu jeder guten Transporttat, nicht wegzudenken aus dem kanarischen Straßenbild. Wenn da nur zu viel CO2 und die Rußpartikel nicht wären ... Irgendetwas knistert auf einmal im sich abkühlenden Motor unter der Haube. Nein, es ist nur der gemütlichkorpulente Fahrer, der zu seinem bananenblattgrünen Untersatz zurückkehrt. Die Friedhofstür schließt sich nochmals knirschend und fällt ins Schloss. Ich schrecke auf. Er merkt es und stoppt vor der Stoßstange. „¡Vaya susto me has dado!“, sage ich ihm entschuldigend, „du hast mich ja ganz schön erschreckt“. Er lacht, entgegnet „¡No importa!“ (macht nichts) und weiter nichts. Schwingt sich hinter sein klobiges Riesenlenkrad, startet krachend und rußend seinen Santana , winkt mir noch mal zu, hupt dreimal. Und weg sind die raschelnden Bananenstauden. Ab sofort passte ich auf, ob mir unter den ratternden Santanabananas-Jeeps auf La Palma der freundliche Friedhofsparker noch einmal die Scheibe vollrußt. Bis jetzt waren´s aber immer andere ...

Text + Photo: León W. Schönau, EDITIONCANARIAS


3. DAS HEISSE BLECHDACH VON HERMIGUA


photo©byleonwschoenau
photo©byleonwschoenau

Es ist heiß. Hinterm Strand liegt ein altes Bananenpackhaus. Verschlissen, verrostet, vergammelt. Das Wellblechdach fängt kurz vor dem Gewitter die Aufmerksamkeit. Vielleicht schlägt der Blitz gerade dort ein. Je fahler der Himmel wird, desto mehr leuchtet das Dach in der Schwüle. Eine Katze müsste jetzt kommen, denke ich. Katze und Blechdach verbinden sich in meinem überhitzten Hirn mit Tenessee Wlliams. Ja, das Stück, ihr wisst schon: Cat on a Hot Tin Roof. Nichts wird heißer in der Hitze des Tages als ein Blechdach. Die Luft wabert hier. Meeresbrise? Vergiss es! Meereswellen und Blechdachwellen verbinden sich in meiner blinzelnden Optik. Rausch das Meer oder rauscht das Dach? Ich verwechsele die Hör- und Sehperspektiven. Ich bin wie Big Daddy, der einen gesoffen hat. Die Katze kommt nicht. Müsste sie aber, orakelt die theateraffine Hirnwindung hinten links. Käme Sie, wüsste ich, wie heiß das Dach wirklich ist. Und wann die Katze springen muss. So starre ich weiter auf das Rostrot, das immer röter wird. Katze, wo bleibst du?

Aus "Let´s go mera!". Erscheint im 2. Halbjahr 2015 bei EDITIONCANARIAS. Text: León W. Schoenau


2. DIE KLEINE TEXT-SAMMLUNG. SHORT STORIES.


Der Heilige Sebastian gibt eine Fiesta in der Stadt

 

Ja, es fängt wirklich gut an, alles hier. Mitten am Mittwoch, in der schönsten Mittagshitze erhalte ich dank Insiderin M. die Botschaft, an der Fiesta teilzunehmen. Wir stapfen durch den staubigen Barrranco und schwitzen uns durch die weißgekalkten Gassen zur Plaza. Dortselbst ist alles schon andächtig versammelt. Oben im Himmelsblau die Wimpel. Unten aber der Ernst des Tages und zugleich seine Heiterkeit: Im Zentrum der Andacht mit dem Priester auf dem Podest und den Gläubigen auf Plastikstühlen, die Schmerzensstatue des Heiligen, dem die Pfeile in verschiedenen empfindlichen Rippengegenden stecken. Das Blut aus den Einstichwunden ist nicht frisch, aber sein Rot hält jeder Täuschung stand. Leiden für Andere, das kennt man heute auch noch. Leiden und heilen und bluten und vergeben - da versagt die Moral des katholischen kanarischen Zeitgeistes selbst hier... Wer auf Wunder hofft, darf´s deshalb hier auch.  Dann nach dem letzten Dankgebet der Umzug mit der schönen Bürgermeistersfrau, rassig, schlank, schwarzgekleidet, als Vertreterin ihre Mannes, mit den Insiginien der Macht aufstoßend, einem Stock aus Ebenholz mit Quaste. Auch andere Honoratioren des Ayuntamiento sind mit gut geschnittenen Anzügen devot dabei. Die Kappelle des Ortes nimmt Tritt und Takt auf. Posaunen, Trompeten, Triangel, Pauke, Kapitänsuniformen in Weiß und Blau. Es knallt in den Gassen. Freude? Trauer? Hilferufende Raketen? Wir gehen bergab Richtung Puerto und lassen uns den preußisch-kanarischen Defiliermarsch den Rücken herunterlaufen ...

Text@León W. Schönau

 

Zuckersüßer Tag

 

Dieser Tag beginnt nach einer fast 45-minütigen Busfahrtbis fast vor die Tore Las Palmas´ beim Ausstieg an "wilder Haltestelle" auf der Autobahn (!) mit einem lebensgefährlichen Standstreifenlauf Richtung eines „Mercado Agricultural“. Unfassbar, hier die ökologisch korrekt erzeugten Produkte zu finden, die man sonst in den normalen kanarischen Läden vergeblich sucht: Obst und Gemüse, Konserven mit Biozeichen, Fisch oder Fleisch ... allles frisch und grundgesund erzeugt. Dennoch zeigt sich auf einmal links ein sattgrüner umzäunter Paradiesgarten mit großen Oleanderbüschen an der Einfahrt und einer Plaza mit Buden und Gewimmel.  Und dann liegt die gesamte Inselernte vor dir: Platanos, Gurken, Tomaten, Kiwi, Ananas, Melonen, Avocados, Guaves ... Ganz abgesehen von all den unbekannten Wurzeln und Grünblattwerken. Und das schönste für mich: Guarapo de Caña in Aktion, der berühmte Zuckerrohrsaft mit einem Schnaps, Name unbekannt, versetzt, wird gereicht. Mit Antonio Benitez, dem Macher und Beschwörer der kanarischen Zuckerrohrtradition komme ich ins radebrechende Gespräch. Ein Museum in El Trapiche/ Arucas will er bauen. Für Kinder und Touristen- ich fühle mich doppelt angesprochen und sage zu, als Guarapofan mein Möglichstes für Werbung für ihn in meinem zuckersüßen Heimatlande zu tun ... 

Text@León W. Schönau

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Die Sprühnebel- und Regenbogenzeit beginnt

 

Seit zwei Tagen ziehen sie wieder über die Inseln: Schwarze Bänke, Wolkenburgen, tiefhängende vollgesogene Wasserbüffelbäuche ... fliegend. Dank Wetterlage mit Westwinden bläst sich der Atlantik im Januar endlich frei und versetzt den Sonnenschein mit schwarzen Wolkenwänden, die im Idealfall feinst zerstäuben und den kanarischen Intensivniesel erzeugen. Er überfällt einen unvermittelt und verschwindet so urplötzlich, wie er kam. Eine Art Wasserspühnebel kommt schlagartig von schräg oben, der dich sofort und durchdringend nass macht, obwohl eigentlich nur mininmal Wasser im Spiel ist. Die arcos iris, die farbigen Bögen, erscheinen wie farblich an den Himmel gesprüht und stellen deshalb real echte Himmelszeichen dar. Mal ganz davon abgesehen, dass überwiegend geschlossene Bögen hier gehandelt werden. Zum Durchfahren mit Schiffen  und Absenden von mehrfarbigen Wünschen gefahrlos geeignet ...

Text@León W. Schönau

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HawaiI auf den Kanaren oder wenn auf den Vulkanen getanzt wird ...

 

Eben noch knallten die Böller zu Ehren des Heiligen Sebastian, da geht die gleiche Wimpeldeko und Bühnenanlage am dem Fiestaplatz vor der Kirche im alten Teil von Agaete ein neues Bündnis mit etlichen Hawaifans des kanarischen Nordwestens ein. Alles passt: Schöne und noch schönere, alte und junge Frauen, kreischende Kinder schwarz und blond und barfuss, ein Hüftschwung professioneller als der andere, Guacamole aus aufgeschnitten Fruchtschalen ... aber die Musik? Die Musik ist die Musik ist die Musik, die immer aus der teuren Bose-Anlage des Bürgermeisteramtes schallt: Latino, mit viel Mambo und Samba. Den hulahoopenden Hawaians tut das keinen Abbruch. Sie bringen sich ein, als gehe es um das Letzte. Und das ist auf den Kanaren immer der tiefere Sinn einer Fiesta. Ich verabschiede mich am helllichten Tag, um meine Promille des nachmittags sicher zu Tale zu bringen. Aber noch am Abend klingen von Ferne her Musik und die spitzen Schreie der exaltierten Hulamädchen ... Hawaii und die Kanaren? Eine passfreudige Assoziation, um sich weite Reisen zu schenken.

Text@León W. Schönau

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Gran Canaria: Die Dragos blühen wieder!

 

Nicht alle die das lesen, verstehen gewiss das emphatische Ausrufezeichenin der Headline. Nur diejenigen, die wissen, dass dies nicht jedes Jahr geschieht und es einen Mythos gibt, der die Drachenbaumblüte umweht, werden zustimmend zum Aufschrei der Entdeckung nicken. Jaja, so etwas erlebt man nicht alle Jahre. Und tatsächlich fiel es mir jetzt erst auf, nicht nur in der Gegend hier, sondern auch in Las Palmas. Es wird noch weiter geprüft. Aber die innere Stimme des Dragofreundes sagt: 2011 Dragoblühjahr, dann erst wieder in acht Jahren. So hatte es mir in 2003 ein Methusalemgärtner auf La Palma geflüstert. Ohne Qellenangabe, aber sehr, sehr glaubwürdig. Jetzt ist es festgehalten. Und wehe, Mythos, du verstellst dich digital für „just in time“ und versiehst jedes Jahr die Dragowipfel mit den gelborangen Beerentrauben! 

Text@León W. Schönau 

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Guagua, qué tal?/1

 

Den Mut, mit einem in dieser schwach bewohnten Gegend spärlich tuckernden Busse bis zum Talende hinauf zu fahren, hatte ich zwar, mochte jedoch nicht an die Rückfahrt denken, die frühestens in 4 Stunden möglich war. Dann geruhte die Busfirma „Global“ einen ihrer türkisfarbenen guaguas (wie hier, ganz lateinamerikanisch die Busse heißen) die Serpentinen wieder hinauf zu schicken. Das Tal „Valle de Agaete“ ist berühmt für seine Prachtentfaltung an tropischem Grün. Es gilt als das einzige Vorzeigetal Gran Canarias. Die Reiseführer überschlagen sich hier auch äußerst berechtigt. Und tatsächlich, so weit das Auge auch sieht: Saftgrün, wie nirgends auf der sonst auf der in den „Außenteilen“ nur noch karstigen Insel, entfaltet sich der Segen der Passatwolken, der „melkenden Kiefernnadeln“, des nächtlichen Regens heute und des Fleißes der Talbewohner. Die Terassen ziehen sich fast bis zur Wolkenzone hoch und sind gut bestellt. Ja, da sehe ich auch mein geliebtes Zuckerrohr. Und natürlich blüht und schmetterlingt es ringsherum. Vom Berg bis auf mittlere Höhe herab gestiegen bin ich überraschend in nur zwei Stunden. An den guagua ist deshalb nicht zu denken. Bin zu früh, für den letzten Bus. Der richtige excursonista schafft es auch so ... und kommt irgendwann am Abend wieder unten an. Dem fälligen guagua aber ist ihm auf der carretera nach unten aber auch nicht begegnet. Verlass dich­ – auf dich, Junge, hatte schon die Mama gesagt.

Text@León W. Schönau

 

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Mäh, mäh, mi, mi, mäh, mäh, mi, mi ... Eine kleine Ziegengeschichte

 

Ich sehe, nach längerer schweißtreibender Bergaufwanderung meines Valleausflugs heute in der nächsten Kurve endlich die Verschnaufebank mit Blick ins Tal. Ich höre auch Ziegenlaute, die mich allerdings erstaunen lassen, weil wie aus der Kinderstube des Teletubbi-TV klingend. Was sind das für Tiere, die noch hinterm Bergrücken, nicht zu sehen, ungewöhnlich telegene jungziegenhafte Babytöne von sich geben? Dann tauchen unvermittelt zwei kräftige Schäfer auf und produzieren durch ihre trichterförmig geformten Hände in Richtung eines sehr tiefen barranco, also nach unten gerichtet, die Filmmelodie aus Heidis Ziegenszene auf der Alm: Mäh, mäh, mi, mi, mäh, mäh , mi, mi... Als ich Anteil nehmend neben Schäfer 1 stehe, noch immer ahnungslos und ebenfalls nach unten schaue, öffnet sich Herz und Schmerz und Mund des einen. „Stell dir vor, drei prächtige Jungziegen mir schon das zweite Mal entlaufen“, sagt er, zu mir gewandt. “Und das jetzt aber bereits seit 3 Tagen. Nichts zu hören, zu sehen, zu finden. Sie müssen hier unten sein, aber sie sind klug und geben eben keine Antwort.“ Ich zeige meine ziegenunerfahrene Betroffenheit. Schäfer 2 sagt zum Kollegen:“ Na, lass mal, wenn das Umweltdezernat des ayuntamiento (Gemeindeverwaltung), wie jedes Jahr im Herbst dann die Ziegen mit dem Hubschrauber einfängt, bekommst du sie doch sicher wieder.“ Moderne Kanaren, kluge Ziegen.

Text@León W. Schönau  

 

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Was nicht im Reisebürohochglanz-Prospekt steht ... /1 Kanarische Blas-Kapelle

 

Er fasst alles und alle an. Er will es weitertragen, wegschleppen, aufwirbeln, hochschleudern ... Unberechenbar, was Richtung und Stärke betrifft. Meister des Überraschungsangriffes auf Menschen und Plastiktüten, morsche Palmen, lose Bleche, Mülltonnen und Plakate. Festgemachtes gilt nicht mehr. Drähte geben freiwillig ihre Umarmungen von Stangen oder Geländern auf und entlassen diese in ihre Freiheit. Antennen quittieren ihren Dienst und gehen für ihn auf Sendung, werden zu Wetterfahnen, ohne Programm. Dazwischen scheppert es hohl, ein Hund läuft seinem rollenden Blechnapf hinterher, es donnert dumpf. Plastikgestühl fegt wie von Geisterhand bewegt über den gefliesten Balkon und knallt an dessen Umrandung. Was fliegen kann das fliegt, und dekoriert, wenn es nicht mehr kann, das Geäst der mühsam angelegten baumkulturrellen Umrahmung der Dorfgasse. Ja, renn nur und fang alles wieder ein: Das Tischtuch, die Rechnung vom eben verspeisten Fisch ohne Gräten, deinen Sombrero, deine letzten Haupthaare ... Es hat keinen Zweck. Lass es oder besser: ¡idé jalo! Es ist die winterliche kanarische Blasformatiom aus noroeste, sur oder oeste ... man weiß das nicht so genau. Morgen ist alles wieder gut und du findest alles wieder. Es sei denn in der Zeitung steht: Nuboso a muy nuboso con lluvias débiles a moderades. Viento del nortoeste muy fuerte ... Dann geht das wilde Windspiel weiter. 

Text@León W. Schönau

 

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Maspalomas/1 ...

Wind, Sand und keine Sterne

 

Die Wolken hängen tief im Nordwesten. Er pfeift weiter, wie seit Tagen gewohnt. Da muss man/n nach Süden ausweichen, ganz einfach! Ein praktischer Bus „Directo. Non Stop“ bietet sich in Gáldar in der Frühe an. Allerdings ist das mit dem Schild „Directo“ nicht ganz so ernst gemeint. Es hält und hält und hält... „Directo“ wird er nur auf der Autobahn, wo´s eh schon nix zu halten gibt. Nach zweikommaix Stunden endlich im sonnigen Süden, wo´s zwar auch pfeift, aber die Temperaturen und Helligkeit das alte Kanarenstandardmaß einhalten: Maspalomas. Das meinen auch die hunderttausend Touristen, die momentan zu Fuß die Strandpromenade in unterschiedlichster Aufmachung abschreiten.  Das ungute Gefühl, im falschen Kanarenwerbevideo gelandet zu sein, macht sich bei mir breit. Rettung von Masse Mensch verspricht nur die Attraktion „Dünen“. Dort wo der scharfe Wind vom Meer kleine Sandstürme erzeugt, wird zwar auch noch gewandelt und nacktgesonnt, jedoch in Maßen und nicht in Massen. Wahrhaftig mit Sahara assoziierend sind sanfte Hügel und Wellenlinien, hochwehende Sandfahnen und kleines Gestein und Gesträuch dazwischen. Endlos, na ja... Bis nach Afrika nicht, jedoch stolze 14 km Sandwanderweg können es schon werden. Und der Sand stammt bitte nicht aus der sagenhaften Sahara um die Ecke, sondern ist inseleigener Korallenabschliff von vor Tausenden von Jahren. Hier angesammelt und geformt tagaus tagein von Wind und Meer.

Text@León W. Schönau  

 

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Maspalomas/ 2 ...

Prunk, Pracht und Potemkin

 

Aus dem schon angedeuteten Schock,zu was Menschen fähig sind, wenn ihnen die Natur die gesamten Geschenke der südlichen Welt zu Füßen legt, folgt nun eine Replik zu den materiellen Süchten der endlichen Touristenwelt. Während die Ballerfrauen und -männer in den Räucher-, Raucher und Cerveza-Gassen gegenseitig ihre rötliche Haut und anderes Fleisch präsentieren, zieht es die Gala-Leserinnen in Richtung Palazzi und Diorshops. Man hat´s ja eigentlich nicht, aber es zu schön, so zu tun also ob, ganz wie zu Hause, mit den Augen shoppen ... Demzufolge strengten sich die „Vermarkter“ und turoperators, wie sie hier so umtriebig genannt werden, ordentlich an, um ebensolche Architekten und Designer zu Höchstleistungen des Kitsches bei angeblicher Imitation des authentischen kanarischen Colorits anzustacheln. Das Ergebnis sind gotische Kathedralen als Hotels, darin Lüster in Reihe, davor Fontänen á la Luis XVIII. oder andernorts das Gegenteil von airportähnlichen Architekturlandeplätzen mitten in der Sandsavanne mit der filmischen Ästhetik ausgefallener Hollwyood-Science-Fiction. Hauptsache traum-haft!

Text@León W. Schönau 

 

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Guagua, que tal?/2

Durch die Pinas de Tamadaba nach San Nicolás de Tolentino

 

Zunächst hat der fürs Wetter verantwortliche Guanchengott die ewigen Tiefdruckgebiete auf dieser Kanarenreise etwas beiseite geschoben. So wölbte sich zwar noch der „graue Bauch der Eselin“ über den Gipfeln der Berge, aber etwas darunter konnte man schon durch den Dunst hindurch sehen - und fahren. 

Der guagua tut´s denn auch in rasantem 50km/h-Schnitt. Pausenlos schleudert und kurvt und wankt er durch die Serpentinen ganz nach oben. Auf dem El Risco , auf 1.400 m, dürfen Bus und Insassen das erste Mal Luft holen. Ab dort bergab. Bloss nicht Abbremsen vor den Kurven, den Fahrgästen wird’s schon übel werden! Der Fahrer denkt und Gott lenkt. Und da passiert es auch schon einem kleinen Mädchen: Das Innere will nach außen. Zwangspause. Der Teufelkommrausfahrer geht eine rauchen -  die Kleine erleichtert sich am Wegesrande ... Die Mutter hebt entschuldigend die Schultern. Dem Leben ausgeliefert, besonders im gaguaDiese Strecke mit dem Teufelsbus habe ich in ihrer Länge gründlich unterschätzt. Es dauert 1,5 Stunden bis nach San Nicolás, das manchmal mit und manchmal ohne den italienisch klingenden Schmuckzusatz de Tolentino geschrieben wird. Die Stadt selbst, dann im Tale, spricht nun allerdings der satten Natur ringsherum etwas Hohn, weil sie nur verpackte Hochleistungsbananenplantagen, landschaftsdeckend, quasi schützend rund um die Kirche versammelt. Das war´s. 

Rückfahrt also bitte –fast - sofort. Nur nicht den letzten Bus verpassen, dann geht hier sonst nichts mehr... Dennoch kommt trotz der Dauerfanfaren des Fahrers (an jeder Kurve gibt es 120 Dezibel !) auf der Fahrt zurück nach Puerto Nieves dann nochmals das Hochgefühl auf  über die Landschaft zu fliegen und besonders wollüstig an den Straßenkanten zu schrammen und ganz tief unten, vielleicht 150 - 500 m unter uns, die baldige Bruchlandung des Gefährts in schäumenden Gischt zu ahnen.  Der pasajero klammert sich schweißnaß an die Haltegriffe. Der guaguaero vorn unterhält sich derweil locker mit den Damen in der ersten Reihe ... 

Text@León W. Schönau


1. LESEPROBEN AUS DEN ESSAYS DER DER FOTOKALENDER


Aus dem Kalender 2012 "Fuerteventura- Wüsteninsel im Passat" (deutsche Ausgabe)

 

Du kommst an – und er bläst. Du bis angekommen – er wird´s weiter tun. Du schaust um dich, verzückt vom Licht, und dem Wind in deinem Haar, was denn sonst...? Du gehst, du stehst, schwimmst, surfst, wanderst – er kann nicht aufhören. Nicht mal nachts, wenn es eh schon schwer ist, die Augen zu schließen, weil der letzte Sonnenuntergang so was von Pink war, raschelt, rauscht und zaust er weiter, bewegt die Tür, das Fenster (lass es klappern...), lässt dem Hund das Fell hochstieben, greift in die widerspenstigen Palmenwedel und dreht sie nach oben. An der carretera biegen sich die Dattelpalmen zu dir hin? Nein, sie verbeugen sich vor ihm. Flaute – eher selten. Er ist der Unablässige, immer der Kühle, mal der Leise, mal der Laute – der Passat, dein Freund und Helfer vieler, die ein Lüftchen in der Hitze gern hätten oder eins fürs Windsurfbrettern. Wanderer, Surfer, Existenzialist, Sonnenanbeter, Sinnsucher... Du bist auf Fuerteventua, einer der beiden „afrikanischen Schwestern“, die sich als Inseln fast aneinanderhängen, ziemlich schlank, in windkanalschnittiger Nordostlage, dem Passat zugeneigt, aber immer noch in respektabler Entfernung zum afrikanischen Kontinent gegenübe. Wenngleich von Las Playas, Fuerteventura, nur noch 120 km bis nach Tarfaya (Marokko) zu überwinden wären (Achtung: Und umgekehrt!). Das Afrikanische bleibt deshalb geografisch/klimatisch/ethnografisch/politisch inselprägend, du wirst es sehen, und fühlen, wenn du dich darauf einstimmst.

 

Afrika – auch geschichtlich nah. Vor den später einsetzenden Kämpfen, Tumulten, Unterwerfungen und Unterdrückungen auf der Insel durch italienische, iberische oder normannische Eroberer, registriert die früheste Urgeschichte ziemlich friedliche benachbarte afrikanischen Berber, phönizische Seefahrer, Römer und Araber. Afrikanische Beziehungen, durchaus...

 

Nomen es omen? Ab 1339 aber taucht die Insel das erste Mal auf einer Landkarte auf, mit einem Namen, der Folgen haben sollte: „La forte Ventura“ ( ital.: das starke Abenteuer). Als sich „ventura“ mit dem Spanischen „venturoso“ vermischt, kann man von einer zweiten Deutung des Inselnamens sprechen, entweder als „stürmische“ oder „glückliche, vom Schicksal begünstigte“ Insel. Vom Glück trifft damals das Wenigste dann auch wirklich ein. Unbeschreibliche Armut, Land- und Inselflucht, Emigration treiben die Einwohner über Jahrhunderte hinweg in die Ferne und sie beiben meist dort, wohin sie auswandern: Fuerteventura gilt als das Armenhaus Spaniens, der Kanaren, als tierras sin retorno, Insel ohne Rückkehr (und das bleibt so bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts!).

 

Die Inselfigur Fuertes ist mehr lang als breit und hat mit rund einhundert Kilometern Länge eine für eine atlantische Insel stattliche Nord-Süd-Ausdehnung. Ach ja, sie ist die Zweitgrößte nach Teneriffa). Einfach auf die Karte schauen. „Oben“ liegen die Dünenfelder von Corralejo, wie eine riesige weiße Tischdecke ausgebreitet, bereit sich dem Passat hinzugeben und zu wandern... „Unten“ ein ähnliches Bild, die Dünen der Halbinsel Jandía, bringen ebenfalls die Fortsetzung der Sandwüsten „von Gegenüber“ ins optische Spiel. „Die herrlichsten Strände des Archipels!“, ruft der badebesessene und sonnenhungrige Winterflüchtling, ruft die Tourismusverwaltung. Und neidisch blicken auch die Kanareninselschwestern im Rahmen der Schönheitskonkurrenz auf die blendend weißen (und nicht schwarzen) sowie breiten (und nicht schmalen) Sandstrände Fuertes.

 

„Komm übers ganze Jahre 2012 mit!“, ruft dir der Fotograf zu und lädt dich ein, mit ohne ohne Hilfe des Passats, die Kalenderblätter entspannt umzublättern und dich wie zu Hause auf „Fuerte“ zu fühlen.

(Text©2012byleonwschoenau)


Leseprobe der spanischen Ausgabe | Extracto de versión española del calendario "Fuerteventura – isla árida en los vientos alisios"

 

Tú llegas – y él ya está soplando. Has llegado – y él seguirá soplando. Miras a tu alrededor, encantado por la luz, y… por el viento arremolinado en tu pelo, claro está. Sales a caminar, te detienes, nadas, surfeas, paseas... él no puede parar. Ni siquiera de noche, cuando de por sí te cuesta cerrar los ojos, porque el fucsia de una puesta de sol como esa te ha arrebatado. Él sigue ahí, zumbando y chiflando, sacudiendo la puerta, la ventana (déjala ya que golpee...); las pieles de los perros se yerguen a su paso, y las rebeldes copas de las palmeras se despeinan hacia arriba. ¿Vas por la carretera y las palmeras se encorvan hacia ti? Error: se inclinan frente a él. Calma chicha, casi nunca. Es el incesante, siempre fresco, a veces silencioso, otras no tanto, viento alisio, tu amigo; una ayuda para quienes claman por esa brisa reparadora en medio del calor, o para quienes lo aguardan con las tablas de surf.

 

Caminante, surfista, existencialista, devoto del sol, buscador del sentido de la vida... Estás en Fuerteventura, una de las “hermanas africanas“ de islas casi encadenadas. Delgada, se extiende al noreste recostándose en el canal de viento de los alisios, a una respetable distancia del continente africano, si bien de Las Playas de Fuerteventura a Tarfaya en Marruecos solo habría que superar 120 km (atención: y viceversa). Es por ello que siempre te toparás en la isla con la impronta africana, presta atención y podrás verla y sentirla en su geografía/clima/etnografía y política.

 

África está cerca, también históricamente. Antes de que tuvieran lugar las luchas, tumultos, sometimientos y la opresión por parte de conquistadores italianos, ibéricos o nórdicos, la historia más antigua registra vecinos africanos bereberes bastante pacíficos, marinos fenicios, romanos y árabes. Relaciones africanas, absolutamente…

 

¿Nomen est omen? En 1339, sin embargo, la isla aparece en un mapa por primera vez, y con un nombre que debería ser presagio: “La forte ventura” (del italiano: la fuerte aventura). Si relacionamos “ventura” con “venturosa”, podría derivarse otro significado más, “la tempestuosa”, o bien “la feliz, favorecida por la suerte”. De la suerte ha habido poca desde entonces: una pobreza indecible, éxodos del campo y de la isla, emigración que por siglos lleva a sus habitantes hacia tierras lejanas, donde suelen quedarse. Fuerteventura se considera como el asilo de pobres de España, de las Canarias, como tierra sin retorno (y esto es así hasta los años sesenta del siglo XX).

 

Fuerteventura es esbelta, más larga que ancha, y con aproximadamente cien kilómetros, su extensión es considerable para una isla atlántica de orientación norte-sur. Por cierto, es la segunda en tamaño, después de Tenerife. Échale un vistazo al mapa: “arriba” están los campos de dunas de Corralejo, que se extienden como un blanco y enorme mantel, listas para entregarse a los alisios y avanzar… “abajo” una imagen similar, las dunas de la península de Jandía, visualmente la continuación de los desiertos de arena “de enfrente”. “¡Las playas más bellas del archipiélago!” exclama el obsesionado bañista que vive huyendo del invierno y persiguiendo al sol, y exclama también la oficina de turismo. Puestas a competir en un concurso de belleza, también sus hermanas canarias mirarían con envidia las relucientes playas blancas (y no negras), y las amplias (y no estrechas) playas de Fuerteventura.

 

“¡Acompáñame a un paseo a lo largo de todo el 2012!”, exclama el fotógrafo y te invita a pasar suavemente las hojas del calendario, con o sin ayuda del alisio, y a sentirte en “Fuerte” como en tu propia casa.

 

(Texto©2012byleonwschoenau)

 


Leseprobe aus:

Aus dem Fotokalender 2012 " Gran!Can! – Eine Insel  wie ein kleiner Kontinent"

 

¡GranCan! Das ganze Jahr 2012 über bist du nun mit mir, dem Fotografen, dort, wo es vor langer Zeit die „großen Hunde“ gab, Namensgeber besagter berühmter Insel Gran Canaria Die Einheimischen nennen sie deshalb einfach „GranCan“. Und das klingt mindestens seit Obama ziemlich zupackend. Die große Kanarische ist sie deshalb aber dennoch nicht. Möchte es aber öfter mal sein. Auch die Einwohner hätten´s wohl gern. Immerhin ist sie Drittgrößte aller sieben Kanareninseln.  

 

Und was macht sie nun so magisch für den Fotografen (und vielleicht auch für dich)? Wie der Titel des Kalenders schon intoniert, scheint es sich hier um den kleinsten und kontrastreichsten Miniaturkontinent des spanisch-portugiesischen atlantischen Universums zu handeln. Er gleicht einer riesigen Rundpyramide.  

 

Von Nord nach Süd spielen sich die unterschiedlichsten Landschaften ins unterschiedlichste Licht hinein und in die unterschiedlichsten Wolken- und Nebelformationen hinein: Die fruchtbaren Hänge und Täler des Nordens: Von Agaete bis Guía, von Moya bis Firgas und weiter bis Arucas... Dort zum Beispiel finden wir die inzwischen bescheidenen Reste einstmals üppiger Bananen- plantagen. Das wilde schöne Tamadaba-Gebirge umarmt dich. Tejeda – das ist schon mehr himmelsnah. Gebirgspanoramen der tausendfach aufgefalteten Art, bizarre Felsen, tief eingeschnitten Barrancos...  

 

Schließlich die Gipfel der Insel, der Pozo de las Nieves (Schneebrunnen!), der Roque Nublo (Nebelfelsen!), der Pico de las Nives (Schneeberg!), der Roque Bentaiga... Der scharfe Wind pfeift dir um die Nase und im Winter gibt’s inzwischen, klimawandelbedingt häufiger, Schneewunder für alle Gran Canarios. Im Westen der Insel die fast unzugängliche, wild zerklüftete Steilküste. Die Städtchen darin, wie weitetestmöglich entfernt von der Zivilisation: San Nicolás de Tolentino, oder Mogán.

 

Im Nordosten, rechts oben auf der Inselkarte, wiederum eine glitzernde Stadt mit einem Stadtsandstrand, der sich durchaus mit Miami Beach und Rio de Janeiro messen kann: Las Palmas, die Inselhauptstadt, der Welthafen der Insel.   Im Süden dagegen nun aber endlich die pure Steppe, afrikanisch geprägte Ansichten, Dünenstrände, sonnendurchglüht: Maspalomas, El Oasis (!), San Augustín, vormals die Strände der Engländer, jetzt die Strände der Deutschen... Der Sand knirscht zwischen den Zähnen. Die Hitze zwingt zur Körperverhüllung mittels Tüchern. Das Eldorado der Winter-flüchtlinge aus Mittelkeuropa. (Kopftuch?Gut!)  

 

¡GranCan! – der Massentourismus im Süden konnte dir bis jetzt noch nichts allzuviel anhaben. Deine wahren magischen Schätze liegen in der Mitte und im Norden. Mein Rat für den Suchenden nach der Magie von GranCan: Geh nach ganz oben, ins Zentrum der Insel, steig auf und lauf auf der „Cumbre“, umkreise die Gipfel... und schau, wie die vielen Barrancos strahlenförmig nach allen Seiten zu den Küsten hin abfallen. Tiefste Täler, wildes GranCan, süffig-subtropisch, geheimnisvoll grünschattiert palmenwedelnd gefüllt, oftmals mit unterlegtem Wasserrauschen. Erwischst du eine Quelle, nimm ein Schluck “GranAgua”! Etwas Besseres kann dir auf GranCan nicht passieren.

 

¡Salud! – wünscht der Fotograf und Kalender-herausgeber León W. Schönau.

 

(Text©2012byleonwschoenau)


Leseprobe der spanische Ausgabe | Extracto de la versión española:  Gran Canaria 2012 - Todo un continente en una isla

 

¡GranCan!

A lo largo del año 2012, el fotógrafo te lleva allí donde antaño abundaban los grandes canes que dieron inspiración al nombre de esta famosa isla. Sus habitantes por eso la llaman simplemente “GranCan“... lo que por lo menos desde Obama suena bastante resoluto.

 

Pero el nombre no basta para ser la grande Canaria, aunque bien le gustaría. Tampoco sus habitantes tendrían nada en contra. Así y todo, es la tercera en tamaño de este archipiélago de siete islas. ¿Pero con qué magia y encanto seduce al fotógrafo (y quizá también a ti)? Tal como el título del calendario ya lo advierte, parece tratarse del continente en miniatura con mayores contrastes dentro del universo atlántico español y portugués. Se asemeja a una enorme pirámide redonda. De norte a sur, entran en escena los paisajes más variados, jugando con las luces más increíbles, mezclándose con las variadísimas formaciones de nubes (o de niebla).

 

Las laderas y valles fértiles del norte: de Agaete a Guía, de Moya a Firgas, hasta llegar a Arucas... Allí por ejemplo encontramos los humildes restos de otrora exuberantes plantaciones de plátanos. El abrazo del bello y salvaje macizo de Tamadaba; Tejeda, ya más cerca de los cielos. Paisajes montañosos de todo tipo y color, rocas bizarras, afilados barrancos... Finalmente, los picos más altos de la isla: el Pozo de las Nieves, el Roque Nublo, el Pico de las Nieves, el Roque Bentaiga... el viento que te corta el rostro, y en invierno, cambio climático mediante, cada vez más nevadas para los grancanarios.

 

Al oeste de la isla la costa es escarpada, agrietada, casi inaccesible. Sus pequeñas ciudades, las más alejadas de la civilización: San Nicolás de Tolentino o Mogán.

 

En el noreste, arriba a la derecha en el mapa, otra ciudad esplendorosa con playa urbana que no teme la comparación con Miami Beach o Río de Janeiro: Las Palmas, capital de la isla, el puerto al mundo.

 

En el sur, por el contrario, la pura estepa, vistas de impronta africana, playas con dunas bañadas en el fulgor del sol: Maspalomas, El Oasis (¡nunca mejor dicho!), San Agustín, las antiguas playas de los ingleses - ahora de los alemanes... La arena cruje entre los dedos de los pies. El calor obliga a arroparse con túnicas. El sueño de los que huyen del invierno (¿turbante? ¡bien!).

 

¡GranCan! El turismo de masas en el sur hasta ahora no te ha hecho mucha mella. Tus verdaderos tesoros mágicos yacen en el centro y en el norte. Mi consejo para el que busca saborear el encanto de esta isla: ir bien arriba, al centro, subir hasta la cumbre y recorrerla... y mirar cómo todos los barrancos se despliegan en forma de estrella hacia la costa. Valles profundos, salvaje GranCan, deleite subtropical, pletórica de misteriosos verdes y de palmeras al viento, aquí y allá el canto del agua. Si das con una fuente, ¡bebe! El “GranAgua” es lo mejor que te puede pasar en GranCan. ¡Salud!, te desea el fotógrafo y editor León W. Schönau.

 

(Texto © 2012 by leonwschoenau)